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Vienna calling: Die Vernissage

Donnerstag, März 25th, 2010

Just in time. Das Resultat von 20 Jahren Berufserfahrung (10 beim Konsul und 10 bei mir) zeigen sich dann, wenn das letzte Bild dann gehängt wird, wenn die ersten Gäste schon zur Tür reinkommen.

Und natürlich gehört zu so einem Timing auch noch die nahezu unsichtbare Hilfe des Nerven-zusammenhaltens, Blutzuckerspiegel-aufbauens und dringende Botengänge abnehmen. Personifiziert durch E*, die Kartographin (und ja weitaus mehr als das, wie einige wissen).

Im Schaufenster zur Strasse der verbalisierte Einblick:

Kommen Sie, schauen Sie!

Kommen Sie, schauen Sie!

Die Gäste kommen nach und nach, ich greife zum kühlen Jever und beantworte die ersten Fragen. Die Bilder hängen, doch was steckt dahinter? Eine Geschichte? Mehrere Geschichten? Im Endeffekt ist die Auswahl sehr breitgefächert und stil-unterschiedlich ausgefallen.

Ich bereite mich für die Lesung vor, mache zum Mikrofontest etwas Beatboxen und Freestyle-Rap, die Gäste plaudern mit den Gastgebern. Der Abend nimmt Gestalt an.

Wenn der Drucker nicht geht, lese ich eben vom Screen.

Wenn der Drucker nicht geht, lese ich eben vom Screen.

Astra, Jever, Fritz-Kola, Sekt - die Vernissage nimmt (Flaschen)Form an

Astra, Jever, Fritz-Kola, Sekt - die Vernissage nimmt (Flaschen)Form an

Ich bitte Platz zu nehmen und fange an zu erzählen. Venezuela, das waren 3einhalb Jahre Pendeln. von März 2003 bis September 2006. Meine Aufenthalte dauerten von 21 Tagen bis zu 184 Tagen. Mal lagen nur Wochen dazwischen, mal mehrere Monate. Auch das Leben in Deutschland richtete sich mehr und mehr auf Venezuela aus. Ich organisierte, kaufte ein, recherchierte und packte. Mein eigenes persönliches Gepäck nahm bei den Flügen oft nur noch weniger als die Hälfte ein. Zwischen den Flügen. Das Leben in Venezuela. Hauptsächlich habe ich gelebt und gearbeitet in Venezuela. Gereist bin ich zwar auch, aber nicht in dem Unfang, wie ich es mir gewünscht hätte. Das ist eben das, wenn man vor Ort selbständig ist: man muss präsent sein. Und: Venezuela ist schließlich auch nicht klein. Es ist etwa 20 mal so groß wie Deutschland, hat aber nur ca 22 Millionen Einwohner.

Das Leben wie es so ist. Ich erzähle.

Das Leben wie es so ist. Ich erzähle.

Das Leben in VE aus meiner Sicht. Ich lese vor.

Das Leben in VE aus meiner Sicht. Ich lese vor.

Zum Einstieg gibt es den Text „Hier stinkts nach Pferdepisse“ – ich zeige die Kontraste auf, die man außerhalb der Saison auf Isla Margerita sieht und erlebt, wie man anderen Deutschen begegnet und versucht, vor ihnen zu flüchten. Wie Preispolitik und Hautfarbe zusammenhängt. Wie es ist, Residente zu sein und dennoch Ausländer zu bleiben. Umgangsformen, Politik, Diplomatie, Verhandlungen.

Ich erzähle von den verschiedenen Businessbereichen. Die Organisation des Freizeit- und Ferienprogramms für Kinder durch jr sports entertainment mit Trampolinanlagen in Shopping Malls und edlen Clubs. Dem Aufbau des German Tennis College, einer erfolgsorientierten Tennisschule, die sämtliche venezolanischen Trainingsgrundsätze in den Schatten stellt. Nicht umsonst wird auf dem Bewerbungsbogen die Frage gestellt, ob man bereit ist zu leiden.

Das Umziehen, was zum Leben in Venezuela ebenso dazugehört wie Stromausfälle zur Regenzeit. – Es gibt keine dauerhaften Mietverträge. 3-6 Monate ist das Maximum. Ich selbst habe in 3 verschiedenen Wohnungen gewohnt. Alle im gleichen Viertel, aber sehr unterschiedlich. Mal im Bungalow am Fuß der Bergkette, dann im Hochhaus nahe des Penthouse, zuletzt im Zweifamilienhaus oben mit riesiger Dachterrasse.

Die Texte geben Einblicke mit einem Augenzwinkern. Beschreiben Erlebnisse und Begebenheiten, mein Umfeld und wie ich lebe.

Beim Erzählen schaue ich meine Gäste an, spreche sie an. Zum Lesen schalte ich das Mikro ein und entführe in eine andere Welt. Die Welt meines Venezuelas.

Der Rolladen ist unten und die Sehnsucht ist erwacht

Der Rolladen ist unten und die Sehnsucht ist erwacht

Am Ende freue ich mich, die Einblicke gewährt, und die ein oder andere Sehnsucht geweckt zu haben.

Die letzten Gäste sitzen gemütlich mit mir zusammen und ich genieße die Bequemlichkeit des Sofas.

Danke an sü, den Kapitän des Hafenjunge, seineszeichens auch Konsul von nonolulu°