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Die Spur des Traktor // under the black flag

Dienstag, August 2nd, 2011

Vor dem Termin.

Auf einmal steht er fest. In weniger als 10 Tagen. Meine Freude ist groß. Bald schon beginne ich zu zählen… „noch 5 mal schlafen…“ Ab „noch 3 mal schlafen…“ werde ich immer aufgeregter und irgendwie auch ungläubig. Stehe immer wieder vorm Spiegel. Es gibt 2 Bilder. Das, was ich sehe und das Bild in meinem Kopf. Wie es aussehen wird. Es ist nahezu so, als spürte ich es. Phantomtattoo.

Ich erzähle nicht vielen von meinem Vorhaben. Eine Freundin, die letzt erst selbst tätowiert wurde, ist ungläubig verblüfft: „Du hast vor dem Termin keinen Entwurf gesehen?“ – „Nein, wir haben das besprochen. Die Entwürfe sehe ich dann, wenn ich da bin und das passt dann schon. Das weiß ich.“ – Schon beim ersten Gespräch waren der Captain und ich wie Zahnräder, die ineinander greifen. Ich erzählte meine Bild-Idee, mein Grundkonzept, er griff es auf, erweiterte es, es passte. Deswegen keinerlei Bedenken meinerseits. Auch wohin es sollte. Als Rookie hätte ich wohl nie „so groß“ gedacht, aber das Umfassende passte perfekt zum Konzept. Erst wollte ich es mir noch überlegen nach dem Erstgespräch. Aber mein Körper hatte sich schon nach den ersten Metern nach Verlassen des Studios entschieden gehabt. Um den Ellbogen. Seitdem ich das wusste, sah ich es oft schon vor meinem inneren Auge.

Der Tag.

Als ich dann am Samstag, den 18. im Monat Juni viel zu früh aufgeregt aufwache, widme ich mich erstmal meinem Ellbogen. Wissentlich, dass bald dieses Gelenk nie wieder so aussehen wird. Ich mache Fotos, später rasiere ich die Stelle mit frischer Klinge. Pflege die Haut.

Ich habe keine Angst und keine Bedenken. Gespannt bin ich nur, wie der Schmerz sein wird. Und ich denke an die bisherigen Schmerzerlebnisse. Es scheint, als könne dieser Schmerz nicht beschrieben werden.

Je näher die Stichstunde kommt, desto aufgeregter bin ich. Meine Lieblingsplaylist auf den Ohren mache ich mich auf den Weg. Das Wetter wechselhaft. Angenehm.

Ich bin tierisch aufgeregt. Als ich das Studio betrete, werde ich ruhiger. Erst begrüße ich Bernd und seine Kundin. „Geht es bei dir weiter?“ fragt er  – „Nee, heute bekomm ich mein erstes!“

Das Strahlen des Captain begrüßt mich. Er hat 2 Blätter mit verschiedenen Schwüngen dabei. Sein Favorit ist auch mein Favorit. Ich „wusste“ es ja schon vorher: das passt einfach. Idee/Konzeption und künstlerische Ausarbeitung im Zusammenspiel. Bestens.

Nach dem Durchpausen geht’s ans Platzieren. Nicht einfach bei diesem Gelenk. Aller guten Dinge sind drei. Dann nehme ich Platz. Lasse mich lenken. Deutscher HipHop klingt aus den Boxen. Ich bin aufgeregt entspannt. Wissentlich, dass mir gleich bewusst wehgetan wird. Aber noch kenne ich den Schmerz nicht, habe keinerlei Vorstellung.

Medizin, Mechanik und Kunst. So kommt mir das bereitgelegte Arrangement vor. Mein Arm gehört dem Captain. Bevor er loslegt, warnt er nochmal: „Ich habe dir gesagt, dass das süchtig macht?!“ – „Ja, hast du.“

Wir fangen an. Ich erlebe den Schmerz. Es ist schon fies, aber lange nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt habe. Es ist ein tiefes Kratzen. Ein über den Asphalt schlittern. Hinfallen. Vom Skateboard. Vom Fahrrad. Mit dem Motorrad. Der Traktor zieht durch des Captains Hand vom Relais gesteuert seine Linien. Es surrt. Und in meinem Kopf laufen die Szenen meiner übelsten Stürze. Dass ich blute, sehe ich nur am Küchentuch, mit dem Ahab immer wieder überschüssige Flüssigkeit abwischt. Zwischendrin kühlen. Das ist angenehm.

Schaue ich rüber zum anderen Arm, der gerade bei Bernd in Bearbeitung ist, sehe ich das Ringen mit dem Schmerz. Es ist an ähnlicher Stelle wie bei mir aber weitaus aufwändiger.

Ich betrachte die Magnetspule und oftmals spüre ich mehr, dass meine Hand fast einschläft, als dass der Traktor sein Scratching betreibt. Und dann wieder kühlen. Da merke ich erst, wie heiß und sensibel diese Wunde ist. Nach der Feinarbeit der Wechsel des Nadelkopfs.

Schmerz, Kopfkino, Traktor und HintergrundHipHop verschmelzen.

Und auf einmal: fertig. Ich soll gucken. Es ist schön. Es ist toll. Es ist perfekt. Es ist meins. Dann werde ich foliert und mit Malerkrepp fixiert. Pflegeanweisung aufgenommen. Bernd will es sehen. Der Captain und ich verabschieden uns. Und ich freue mich auf das Wiedersehen am Abend.

Ich trete aus dem Studio in das Wechselwetter, frage mich, ob sich die Leute an der Bushaltestelle was denken. Ich laufe den Weg zur Haltestelle. Es brennt sehr.

Feels like scratched over the asphalt.

Mein Ellbogen ist mein kostbares Gut, was es zu hüten gilt. Ja nicht anecken.

Als ich später nach fast 3 Stunden die Folie einem Verband gleich aufschneide, sehe ich die Spuren der Verletzung. Leichte Linien von Wundwasser. Heiß und vorsichtig wasche ich es, danach Trockentupfen und Eincremen. Es brennt. Wie hingefallen.

Der erste Freund, der es zu sehen bekommt, findet es super.

Und ich kann nicht glauben, dass das jetzt wirklich meins ist.

Für immer.

Willkommen zuhause

Hamburg hatte seine erste kalte Nacht.

Dienstag, Oktober 13th, 2009

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Eastside.

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Hier zeigt sich die ganze Kühle und Rauhheit der Stadtkulisse.

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Westside.

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Erst im leichten Glühen, was dann die ganze Strahlkraft blicken lässt.

Und: das Radisson heißt jetzt Radisson Blue und sieht anders aus.