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Die Kraft der Linie.

Dienstag, Februar 5th, 2013

Über Kunst, Mut und Leidenschaft.

 

Um einer Linie Kraft zu geben, braucht es Mut. Den Mut zur Linie. Jeder, der schon mal vor einem weißen Blatt Papier saß und etwas zeichnen sollte, weiß, wieviel Mut es braucht. Mut, die erste Linie zu ziehen. Das Weiß des Papiers zu durchbrechen, aufzubrechen, vielleicht gar zu zerstören.

Als Kind hat man keine Angst. Da werden die Linien gezogen, wie sie aus dem Kopf kommen. Auf Papier, Wand, Haut, Hose – es gibt keine Grenzen. Und keine Angst. Der Stift wird angesetzt und zieht seine Bahn. Zielstrebig. Und wenn das Blatt nicht ausreicht, geht es auf dem nächsten Blatt oder auf dem Tisch weiter. Die Linie erobert ihr Territorium. Selbstbewusst. Dominant. Bei einem Kind sind es wenige Linien, die etwas Großes hervorbringen. Ein Einhorn, ein Haus, ein Löwe, ein Mensch – es spielt keine Rolle, was gezeichnet wird, was gemalt wird. Die Kraft der Linie auf dem Papier macht die Figuren lebendig. Warum? Weil sie von Mut gezogen ist. Mit Leidenschaft.

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„Unverkäuflich!“ – Mehr als ein Buch.

Dienstag, Juni 19th, 2012

„Unverkäuflich!“ könnte genausogut „Unbezahlbar!“ heißen, das weiß man nach der Lektüre der 208 Seiten.

Ich weiß gar nicht mehr, wie ich über diesen wundervollen Verlag gestolpert bin. Ankerherz. Wahrscheinlich hat mein Herz schon so viel Tide, dass es mich automatisch hingezogen hat. Social Media. Tolle Bilder und Bücher, die anders sind. Bücher, die schön gestaltet sind und die Geschichten erzählen. Dazu berauschende Bilder, die alle Kraft und Faszination des Meeres zeigen. Und der Menschen.

Als in den Weiten des Internets „Unverkäuflich!“ angekündigt wurde, war ich sofort neugierig. Klar, das Coverfoto eines gutaussehenden Silberlings zieht an, aber auch der Titel, so provokant gewählt, so zielgerichtet eingesetzt, da will man einfach mehr wissen. Mehr lesen. Vor allem, wenn man selbst gerade in einer Phase ist, in der man sich selbst wieder auf die Probe stellt und sich fragt: „Was ist wirklich wichtig im Leben? In meinem Leben.“ oder auch „Gibt es die Berufung oder gibt es nur das Geldverdienen?“ Wenn man an einem Punkt im Leben ist, in dem man sich fast schon als hoffnungslosen Träumer abschreiben will. „Unverkäuflich!“ kam für mich also wie gerufen. Wie vom Unterbewusstsein bestellt.

Am Samstag, den 26.05.2012 brachte mir mein Postbote mein Ankerherz-Päckchen persönlich nach oben. Ein Glück passte es nicht in den Briefkasten. Ein großer Pappumschlag. Drin ruhte es. Mein „Unverkäuflich!“. Ich befreite es vorsichtig von der Folie. Mit Spannung schlug ich es auf, fast war ich so aufgeregt, dass ich den Atem anhielt.

Ein optischer und haptischer Genuss. Das Format fällt als erstes auf. Angenehme Größe, die gut in der Hand liegt. Die Seiten von wohliger Grammatur. Ein abwechslungsreiches Spiel zwischen Text und Bild, zwischen Bildcollagen und grafischen Elementen. Der Text schmiegt sich auf die Seiten und die Seitenzahlen in rot sitzen wie kleine Bojen am oberen Rand des unteren Seitendrittels. Ästhetik pur. Harmonie von Typografie, Fotografie, Illustration und Gestaltung. Dazu noch ein Lesebändchen, dass man sich nicht verliert, sollte man mit dem Lesen absetzen. – Doch ich habe mich verloren in diesem Buch. Gänzlich.

Erlebnis. Lesen.

Den schönen Schutzumschlag ließ ich zuhause, als ich Decke, was zu trinken, iPod, Rucksack und „Unverkäuflich!“ schnappte und in den Park zog zum Lesen. Ein schöner Platz war schnell gewählt an diesem wohlig sonnigen Pfingsttag.

Ich wusste schon vorher auch um die gewisse Schwere, den Einschnitt, der auch in diesem Buch liegt. Gleich mit dem Prolog wird hier auch eingestiegen. Dieser harte Verlust. Der tragische unerwartete Verlust der großen Liebe. Ein Schock. Das behält man im Hinterkopf.

Doch Stefan Krücken, der Bobby Dekeyser’s Emotionen, Erlebnisse und Leben in Worte fasst, in Zeilen fügt, nimmt einen vorsichtig mit in die Welt des (in meinen Augen) Entdeckers.

Das Buch. Es hat mich reingezogen und ich konnte nicht aufhören zu lesen. Zeile für Zeile habe ich verschlungen, mich an den Bildern ergötzt und wollte ständig nur eins: tiefer. Meinen Hunger stillen. Wie wird man vom Fußballprofi zum Unternehmer? Wann trifft Bobby Dekeyser welche Entscheidung? Und wie trifft er sie? Das Buch beantwortet alle Fragen. Es ist Bobby Dekeyser’s Leben mit seiner Persönlichkeit und seinen Entscheidungen. Wie er auch selbst sagt und vorweg nimmt: Das Buch kann und soll kein Ratgeber sein. Aber es eröffnet einen tiefen Einblick in Entscheidungsprozesse und Unternehmensaufbau und Selbständigkeit. Wer daraus nicht etwas für sich selbst ziehen kann, tickt einfach komplett anders.

Ich konnte das Buch nicht weglegen. Es hat mich reingezogen. Verschlungen. Ich habe mich in manchen Momenten wiedergefunden, in anderen hatte ich Tränen in den Augen und in wieder anderen musste ich lachen. Und oft auch dachte ich: „Ja, genauso muss man es machen.“

Besonders die Szene mit den Bankern war Balsam für mich. Das Aufbrechen von gewohnten Strukturen, das auf eine Ebene bringen hat Bobby Dekeyser unglaublich geschickt gemacht.

Auf Seite 180 ist es mit seinen Worten beschrieben.

„Ziehen Sie bitte Ihre Krawatten aus? Krawatten hindern doch nur beim Luftholen. Danke. Und nun wissen wir ja gar nicht, mit wem wir es zu tun haben. Aber Sie wissen alles von uns. Stellen Sie sich bitte der Reihe nach vor.“

So mutig war ich noch nie. Aber ich kenne es aus eigener Erfahrung, dass es oft hilft, die Strukturen zu durchbrechen und das Gegenüber mit etwas Unerwartetem zu konfrontieren. Natürlich kann der Überraschungseffekt Vorteile verschaffen. Er kann aber auch verstören. Man muss da den Grat finden. Ihn gehen.

Es gab Momente, als ich das Buch las, da habe ich den Kopf geschüttelt. Und Bobby um seinen ungebändigten Willen und sein Durchhaltevermögen beneidet. Das wieder Aufstehen nach tiefem Fall schafft nicht jeder. Dass Bobby Dekeyser unverbesserlicher Optimist ist, hilft ihm sicher.

Bei manchen Entscheidungen von ihm habe ich den Kopf geschüttelt. Ski kaufen, ohne sie getestet zu haben? Und das als Sportler? Haiaiai.

Ich habe seine Schmerzen gespürt, wenn er von seinem Training und seinen Verletzungen berichtet und eine Frage blieb unbeantwortet: Was um Gottes Willen ist beim Sprung vom Masten auf das Beiboot passiert?!

Das Buch ist emotional und lebendig. Es ist, als würde man Bobby Dekeyser persönlich gegenüber stehen und ihn erzählen hören. Es ist angenehm, dass das große Unternehmen, was er aufgebaut hat, im Grunde nur eine Nebenrolle spielt. Es wird nicht geprotzt mit der Leistung. Es wird gezeigt, wieviel harte Arbeit und wieviel Rückschläge und Erfahrungen in diesem Unternehmen stecken.

Man kann Bestätigung in den Zeilen finden. Lesen, dass es eben nicht den geraden Weg braucht, der auf vermeintlicher Sicherheit aufbaut. Dass es allerdings Willen und Mut braucht, um die Seitenwege, Umwege und versteckten Pfade zu gehen. Jeder kann für sich selbst aus diesem Buch rauslesen, inwieweit er sich mit den Wegen von Bobby Dekeyser identifiziert. Was er aus diesem Buch lernen kann. Oder wem er das Buch in die Hand drückt, um diesem Menschen einfach andere Sichtweisen aufzuzeigen.

Und doch bleibt es so, wie es ist: Im Endeffekt geht jeder seinen eigenen Weg. Nicht jeder hat einen so starken Rückhalt. Nicht jeder hat einen solchen Mut.

Es ist einfach so, wie Bobby Dekeyser sagt:

„Jeder Weg ist anders, es gibt keine Schilder, es gibt keinen Plan und keine Karte. Aber es lohnt sich, aufzubrechen.“

Danke für dieses Buch.

Zu finden ist es hier:

http://www.ankerherz.de/produkte/unverkaeuflich/

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Anfeuern!

Donnerstag, November 10th, 2011

Da die Klimaumstellungen im Alltag in immer größere Parabeln tendieren, weil auf nonolulu° bisher nicht geheizt wurde, in anderen Arbeits- und Wohnstätten aber sehr wohl und sehr sehr, wird heute nach erfolgreichem Kohlenholen angefeuert.

Fortan begleitet mich wieder das Flammengeräusch, das Rumpeln der Kohlen, wenn sie im Ofen vor Glut zerbrechen. Das Treppenhaus wird wieder in den feinen Staub der Asche gehüllt und an mir und meiner Kleidung wird sich der ein oder andere schwarze Kohlenstaubstreifen nicht immer verhindern lassen.

Der Winter kann kommen.

Kei konā te whakaaro

Mittwoch, November 2nd, 2011

Innerhalb von 2 Tagen haben die Bäume fast all ihre Blätter verloren. Und heute morgen war es richtig novemberig. – Die Hotels am Steindamm waren nur durch ihre diffusen Lichter durch den Nebel auszumachen.

Deswegen, und weil ich vor einem Jahr 12 Stunden voraus war und in den Frühling schritt, einfach nur das Wecken des Bewusstseins:

Immer hungrig bleiben. Und:

Was ist das? – Getting used to you

Montag, Oktober 10th, 2011

Eigentlich wollte ich nicht, dass du das erste mal im Büro gesehen wirst. Büro. Das heisst dort, wo ich in letzter Zeit mein Geld überwiegend verdiene. Aber es ist nicht irgendein Büro. Es ist vielmehr eine Kanzlei. Zu dem Zeitpunkt, als du Frischling bist, noch eine Bürogemeinschaft von Steuerberatern, Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer. Und allein anhand der Adresse in nobler Lage der Innenstadt ist klar, dass dort Tataus eher kritisch gesehen werden – können.

Es ist also ein warmer Tag Ende Juni, die Steuerberater und ihr Team sind am Kisten packen für den bevorstehenden Umzug und du hast mitten in deinem Abheilungsprozess nur eins gewollt. Luft. Der schützende Ärmel verlässt dich also. Es dauert eine Weile, bis du als erstes der Office-Managerin ein irritiertes Gesicht entlockst „Was ist das? Was hast du da?“ – ich bin noch unsicher. „Einen Kreis.“ und gehe weiter. Der Anwalt, der derzeit viele meiner Stunden beansprucht, runzelt die Brauen und fragt nur „Ist das irrevesibel?“ – „Ja, ist es.“ – „Okay. Gut zu wissen.“

Den meisten fällst du eher von hinten auf, so ganz offensichtlich bist du ja nicht, auch wenn du dich nicht versteckst. Und dich verstecken geht mit kurzen Ärmeln nicht. Und soll ja auch nicht. Aber du bist eben noch so neu und deswegen muss ich auch erstmal für mich rausfinden wie das geht mit der Selbstverständlichkeit, dich zu haben. Für immer.

Als sich die Mannschaft in der Küche versammelt, wirst du Thema. Von „Warst du betrunken oder dein Tätowierer?“ mit nahezu verständnislosem Kopfschütteln über „Das haste doch selber mit Edding draufgemalt“ bis hin zu „Und was bedeutet das?“ ist alles geboten. Ich merke, dass dieses gefragt werden uns mehr und mehr zusammenwachsen lässt. Dadurch dass du Luft wolltest, muss ich mutig sein, dich zu zeigen. In doch recht konservativer Umgebung. Wobei man das nicht falsch einschätzen darf. Steuerberater ist wirklich ein kreativer Beruf. Er erfordert Flexibilität.

Über 4 Jahre hinweg konnte sich die Mannschaft auch schon an ihre „etwas andere“ Abendsekretärin gewöhnen und hat die Kreativität meinerseits und auch die andere Art der Kommunikation schätzen gelernt.

Du spaltest meine Umgebung.

Die wahrlich konservativen, starren Geister irritierst du. Sie können dich nicht verstehen, mich noch viel weniger und denken sich vielleicht „Eine Tätowierung ist ja schon schlimm, aber dann noch so etwas Unbildliches, so ein Gekrakel…“ Ich weiß es nicht.

Ganz anders ist es, wenn du von meinen Artgenossen gesehen wirst. Die mit kreativem Geist, die eine künstlerische Art haben, die mögen dich. Den Gestaltern, Designern, Textern, Autoren…

Sie hinterfragen dich nicht groß, sind eher von deiner perfekten Unperfektheit fasziniert. Da wird in erster Linie die Grafik bewundert. Du als Kunstwerk. Deine Ausarbeitung. Du regst Gedanken an. Weckst auch Sehnsüchte. Es wird von Ankern, Segelschiffen und Landkarten gesprochen, die unter die Haut gehen sollen. Auch von Family-Gang Tataus. Und das Problem der Gestaltenden, was sie wohl immer haben: Die Entscheidung für die Endgültigkeit und deren Platzierung.

Die Monate ziehen ins Land und wir gewöhnen uns mehr und mehr aneinander. Bei Sonnenschein schütze ich dich unter einem 50+ Film, und immer wieder schaue ich dich an, den Ellbogen verdreht, weil es doch irgendwie manchmal immer noch so unwirklich scheint, dass du jetzt für immer bleibst. Aber es ist so. Und das ist toll.

Mama & Papa

Schon während des Tätowierens fragt Ahab, ob meine Eltern Bescheid wissen. Ich hatte ihm erzählt, dass eins ihrer größten Bedenken bei meinem Neuseelandurlaub Herbst letzten Jahres war, dass ich mit einem Gesichts-Moko wiederkomme. Wohl weil ich so begeistert davon erzählt hatte. Aus Neuseeland kehrte ich ohne Tatau heim.

Und jetzt wissen sie es nicht. Alt genug bin ich ja auch. Als ich es  aufgeregt und stolz Mama die Tage vor und nach dem Stichtag erzählen will, passt es immer nicht. Entweder die Gespräche landen ganz woanders oder sind zwischen Tür und Angel.

Meine Eltern und mein großkleiner Bruder mit Freundin kommen das erste Augustwochenende. Das Wetter ist schön. T-Shirt Wetter.

Man muss schon sagen, dass meine Eltern mit Jahrgang 1936 und 1940 definitiv eine andere Generation sind. So bin ich auch aufgewachsen – was Tattoos anbelangt. Tattoos haben Verbrecher und Asoziale. Dass es davon Ausnahmen gibt, haben meine Eltern zwar durch die Freunde meines großkleinen Bruders auch gelernt, aber die tiefverankerte Einstellung ist nun mal vorhanden. Meine Eltern sind aber nicht nur gesellschaftsorientiert, sondern sie haben auch alle ihre 3 Kinder gewissermaßen streng und doch tolerant erzogen. Uns Bewusstsein für Freiheit und Verantwortung mitzugeben, haben sie meiner Meinung nach erfolgreich geschafft.

Und jetzt also. Das Nesthäkchen, das einzige Mädchen: tätowiert. Meine Mama sieht es als erste. „Was hast du da?“ – „Ich bin tätowiert“ – „Hach Kind, nein, wirklich?“ – „Ja, wirklich. Das bleibt jetzt für immer.“ Papa, durch die Konversation vom Koffertragen abgelenkt: „Was?“ – „Ich bin tätowiert.“ Beide schauen aus der Nähe auf meinen Ellbogen, den ich vorsichtig auf Augenhöhe bringe. Papa glaubt es noch nicht ganz. „Das ist doch draufgemalt.“ – „Nee, das ist mit Tinte und Nadel unter die Haut.“ Er schüttelt lächelnd den Kopf mit seinen 75 Jahren und der entsprechenden Lebensweisheit und auch Gelassenheit. Ich glaube, er ist auch von der Präzision fasziniert, schließlich haben Klischeetattoos im Kopf dicke, ausgeblichene, wacklige Linien. Jaja, damals…

Mama seufzt nochmals. Ich erkläre beiden das warum, meine Begeisterung. Und Mama bleibt zwar etwas nachdenklich, dafür ist aber wenig später eins der ersten Fotos, was sie am Hamburgwochenende macht, von dir. In Close-Up. Als ich es merke, wie sie dich fotografiert, muss ich lächeln.

Du gehörst jetzt zur Familie.

Inzwischen sind wir seit bald 4 Monaten zusammen und du bist selbstverständlich geworden. Ich mag es, wenn du auffällst und wenn ich auf dich angesprochen werde. ich habe eine Palette an Antworten auf Fragen über dich. Je nach Laune.

Und wenn du nicht auffällst, ist auch gut.

Wir haben zueinander gefunden. Sind eins. Und bleiben es.